
Herzlich willkommen zu unserem heutigen Interview mit Sophie und Hendrik, zwei leidenschaftlichen Züchtern von American Bullys XL. In ihrem Kennel haben sich eine beeindruckende Crew von sechs faszinierenden Fellnasen versammelt: Royal Nautic Bully’s Heli und Elif, German Most Wanted Bullys Dalia und Medusa, Bloodline Kennel’s Hunter sowie den aufstrebenden Jungstar Baltic Bulls Canelo. Sophie und Hendrik setzen in ihrer American Bullys XL-Zucht klare Schwerpunkte auf Gesundheit, Sozialisierung und Aufklärung. Die langjährigen Erfahrungen, die sie gesammelt haben, spiegeln sich in ihrem zielgerichtete Anstrengungen wider, positive Veränderungen in der Hundezucht herbeizuführen.
Ihre leidenschaftliche Herangehensweise und die kontinuierliche Suche nach Verbesserungen zeugen von einer tiefen Verpflichtung gegenüber ihren American Bullys und machen ihre Zucht zu einem vorbildlichen Beispiel in der Branche. Wir haben das Privileg, einen Blick hinter die Kulissen dieser bemerkenswerten Zucht zu werfen und mehr über die Leidenschaft, Hingabe und Herausforderungen zu erfahren, die mit der Aufzucht dieser faszinierenden American Bullys XL einhergehen.
Beide betonen, dass ihre Zucht nicht nur eine Passion, sondern eine Lebensaufgabe ist. Gesundheit, Sozialisierung, artgerechte Haltung und Aufklärung stehen bei ihnen an erster Stelle. Hendrik, dessen Familie seit Jahren die Entwicklung von Hunderassen beobachtet und Sophie, die täglich mit den Herausforderungen der Branche konfrontiert ist, sind sich der Verantwortung bewusst, die mit der Hundezucht einhergeht. Sie haben nicht nur die Erfolge guter Züchter gesehen, sondern auch die Fehler, die in der Vergangenheit gemacht wurden und die versuchen sie zu vermeiden.
„Die Hundezucht, bzw. allgemein die Zucht von Tieren, ist nicht nur eine Leidenschaft und ein Hobby, es ist vielmehr eine Lebensaufgabe„, erklärt Hendrik. „Es gibt viele Wege ans Ziel, aber man wird auf seinem Weg das eine oder andere Mal abbiegen oder auch in eine Sackgasse fahren. Für Außenstehende wirkt es oft sehr einfach, sehr interessant und wie ein Hobby, womit man schnell und einfach Geld verdienen kann – Dies ist aber definitiv nicht der Fall.“
Sophie und Hendrik zeigen nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten, dass ihre Zucht mehr ist als nur ein Geschäft. Die Hunde in ihrem Kennel sind nicht nur Hunde, sondern Familienmitglieder, deren Wohlbefinden und Gesundheit höchste Priorität haben. Ihre Offenheit für Zusammenarbeit, stetige Weiterbildung und die Bereitschaft, auch eigene Fehler einzugestehen, machen sie zu einem vertrauenswürdigen Part in der Zuchtgemeinschaft.
„Es ist vielmehr ein Fulltimejob, eine Lebensaufgabe und eine Leidenschaft, die einem sehr viel lehrt, gibt und auch sehr viel Spaß und Freude bringt„, sagt Sophie. „Aber man muss leider auch viele Opfer bringen, viele unschöne Sachen erleben und vor allem sehr viel Zeit, Geduld und auch Geld investieren, wenn man seinem Ziel Stück für Stück näherkommen möchte und es richtig betreibt, da es weitaus mehr und komplexer ist, als ein paar Hunde der gleichen Rasse zu besitzen und diese miteinander zu verpaaren und die Welpen 8 bis 12 Wochen zu füttern, zu streicheln und zu verkaufen.“
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Bullyion: Wo kommt Ihr her und wie lebt Ihr dort?
RNB: Wir kommen aus dem Hohen Norden und wohnen in einem Ortsteil von Altenpleen, knapp 10 min Fahrzeit entfernt von der wunderschönen Hansestadt Stralsund und genießen zusammen mit unseren Hunden das Leben auf einem 80.000 m² großen Bauernhof mit mehreren Generationen und anderen Tieren, wie zum Beispiel Alpakas, Rinder, Hühner, Katzen und kleineren Hunden – Pudel und Havaneser, die den Eltern von Hendrik gehören.
Das Grundstück befindet sich seit 2001 im Familienbesitz und hat sich über die Jahre zu einem Paradies für Mensch und Tier entwickelt und bietet nicht nur unzählige Möglichkeiten, sondern auch sehr viel Platz.
Direkt an der großzügigen Hofstelle grenzen Wiesen, Felder und Wälder. Es gibt nur wenige Nachbarn und die Grundstücke liegen alle sehr weit auseinander. Eine traumhafte Idylle irgendwo im Nirgendwo, jedoch nur wenige Minuten entfernt von Stralsund und der Ostsee
Bullyion: Wie kamt ihr zur American-Bully-Zucht und was hat euch dazu inspiriert?
RNB: Prinzipiell kamen wir beide durch viele verschiedene Punkte 2018 zu unserem Entschluss uns einen weiteren Hund zuzulegen. Hendrik besaß zu diesem Zeitpunkt bereits eine Mischlingshündin namens Amy, die aber leider an einem Mastzelltumor erkrankt war und es nur eine Frage der Zeit war, bis sie ihre letzte Reise antreten muss. Da Hendrik aus der Vergangenheit schon solche Verluste kannte und sein gesamtes Leben von Hunden umgeben war, war es für ihn unvorstellbar eines Tages ohne Hund
an seiner Seite zu sein und was hilft einem mehr in solchen Zeiten, als ein Hund, der einem den Weg
weist und über die Trauer hinweghilft? Darüber hinaus wollten wir, dass unser gemeinsame Hund noch einiges von Amy lernen kann.
Wie kamen es nun aber schlussendlich dazu, dass wir uns für einen American Bully XL entschieden
haben?
Da Hendrik schon von klein auf mit verschiedensten Hunden und Tieren aufgewachsen ist und ihm die Hundezucht mehr oder weniger bereits durch seine Eltern in die Wiege gelegt wurde, hatte er schon sehr viele verschiedene Rassen kennengelernt. Seine Eltern haben schon seit Ende der 80er Jahre Hunde und sind selbst auch schon mit Tieren und Hunden aufgewachsen. Sein Vater war nicht nur als Diensthundeführer aktiv, wo er Riesenschnauzer, deutsche und belgische Schäferhunde und Rottweiler geführt und ausgebildet hat, sondern hat Anfang der 90er Jahre schon Bullmastiffs gezüchtet und selbst nach Beendigung der Zucht Ende der 90er Jahre immer einen oder mehrere Familienhunde besessen. Daher ist Hendrik schon als kleiner Junge mit seinen Eltern auf Hundeausstellungen oder auch zum Training mit seinem Vater auf dem Hundeplatz gewesen und hat
über die eigenen Rassen hinaus auch unzählige andere Rassen kennengelernt und sich schon mit etwa 8 Jahren für American Pitbulls, Staffords und Co interessiert.
Ich hingegen bin privat überwiegend mit kleineren Hunden aufgewachsen und meine Familie hat schon seit vielen Jahren eine Mischlingshündin (Jack Russel x Dackel).
Durch meine Ausbildung und beruflichen Laufbahn als TFA, habe aber auch ich in all den Jahren sehr viele Rassen und Hunde kennengelernt und viel Wissen erlangen dürfen.
Somit gestaltete sich die Wahl der Rasse anfänglich doch schwieriger als gedacht. Bei unseren Überlegungen und Recherchen stolperte Hendrik dann schlussendlich im Dezember 2018 über eine Verkaufsanzeige eines American Bully Züchters. Schon nachdem wir uns die niedlichen Bilder angesehen hatten, waren wir verliebt. Hendrik begann also direkt damit den Verkäufer zu
kontaktieren und sich mit Themen zur Rasse zu beschäftigen. Es dauerte daher nur wenige Stunden,
bis wir dann unsere Hündin Dalia noch am selben Tag reserviert haben und diese dann am 08.01.2019 voller Vorfreude abholen durften.
Da wir schon die ganzen Wochen bis zur Abholung und darüber hinaus auch danach in einem sehr guten Kontakt zum Züchter standen, dauerte es dann auch gar nicht lange, bis wir im Februar 2019 das Angebot erhielten einen 2,5 jährigen Rüden zu übernehmen.
Da wir mehr als reichlich Platz auf dem Hof hatten und wussten, das die Tage von Amy leider gezählt waren, brauchten wir auch da nicht lange überlegen und haben diesen übernommen und uns von Tag zu Tag mehr in diese Hunde verliebt.
Bereits im April bestellte Hendrik dann noch eine Tricolor Hündin vor, da er sich schon im Januar bei der Abholung von Dalia in zwei wunderschöne Exemplare vor Ort verliebt hatte und einfach nicht widerstehen konnte. Im Sommer 2019 kam dann völlig überraschend das Angebot noch die Wurfschwester von Dalia zu übernehmen, da diese bis zu dem Zeitpunkt kein endgültiges Zuhause
finden konnte. Nach ein, zwei Tagen Überlegung und vielem hin und her, entschieden wir uns auch
diese Hündin bei uns aufzunehmen, da wir zu diesem Zeitpunkt sowieso schon dabei waren das gesamte Grundstück umzugestalten und auch genügend Platz und Liebe vorhanden war.
Im Dezember 2019 zog dann auch die bestellte Tricolor Hündin ein und durch die vielen Erfahrungen, die wir beide hatten, die unzähligen Stunden, die wir mit dem Züchter im Kontakt standen und die eigenen Erfahrungen die wir in dem Jahr mit dieser Rasse gewinnen durften, war es dann nur noch eine Frage der Zeit bis wir selbst auch begonnen haben zu züchten. Diese Entscheidung also auch selbst zu züchten war daher keine bewusste Entscheidung, sondern ergab sich durch die Dynamik,
der Vorgeschichte und unserer Erfahrungen mit der Zeit.
Bullyion: Welche Aspekte, Prinzipien und Motive liegen euch besonders am Herzen und wie spiegelt sich das in
eurem handeln wieder?
RNB: Auf Grund unserer privaten und beruflichen Erfahrungen, standen schon immer die Gesundheit, die
Sozialisierung, artgerechte Haltung, ausgewogene Ernährung und vor allem aber auch die Aufklärung
im Fokus.
Hendrik und seine Familie haben schon all die Jahre beobachten können, wie schnell sich
Hunderassen verändern und welche Fehler dort in der Zucht gemacht wurden und ich sehe dieses
leider auch seit Jahren täglich auf Arbeit. Qualzuchten, Erbkrankheiten und darüber hinaus aber auch
Fehler die in der Aufzucht, Haltung, Pflege und Fütterung passieren und nicht nur immer auf die
Rasse, Zucht und den Züchtern zurückzuführen sind.
An erster Stelle stehen bei uns das Wohlbefinden und die Gesundheit unserer Hunde und
Nachzuchten, was sich dementsprechend auch in unserer täglichen Arbeit und in unserem Handeln
widerspiegelt. Darüber hinaus haben wir in den Jahren viele gute Züchter gesehen, aber leider auch
sehr viele nicht so gute, was dazu geführt hat, dass wir mit gutem Beispiel vorangehen, viele Sachen
anders und besser machen und uns stetig verbessern wollen, weshalb wir dauerhaft mit Züchtern
jeglicher Rassen, Tierärzten, Trainern und Behörden im direkten Kontakt stehen, Weiterbildungen
besuchen, Recherchen betreiben und selbst auch viele Sachen immer mal wieder selbst
ausprobieren. Wir sind stetig dabei viele Dinge nach und nach zu verbessern, abzuändern, aus- und
umzubauen und sind noch lange nicht am Ziel und auch uns passieren Fehler und auch wir sind nicht
perfekt – denn auch wir sind nur Menschen.
Die Hundezucht, bzw. allgemein die Zucht von Tieren ist nicht nur eine Leidenschaft und ein Hobby,
es ist vielmehr eine Lebensaufgabe und wie es bei vielen anderen Sachen auch der Fall ist, führen
viele Wege ans Ziel – jedoch wird man auf seinem Weg das eine oder andere Mal abbiegen oder auch in eine Sackgasse fahren. Für außenstehende wirkt es oft sehr einfach, sehr interessant und wie ein Hobby, womit man schnell
und einfach Geld verdienen kann – Dies ist aber definitiv nicht der Fall.
Es ist vielmehr ein Fulltimejob, eine Lebensaufgabe und eine Leidenschaft die einem sehr viel lehrt,
gibt und auch sehr viel Spaß und Freude bringt und auch lukrativ sein kann, aber man muss leider
auch viele Opfer bringen, viele unschöne Sachen erleben und vor allem sehr viel Zeit, Geduld und
auch Geld investieren, wenn man seinem Ziel Stück für Stück näherkommen möchte und es richtig
betreibt, da es weitaus mehr und komplexer ist, als ein paar Hunde der gleichen Rasse zu besitzen
und diese miteinander zu verpaaren und die Welpen 8 bis 12 Wochen zu füttern, zu streicheln und zu
verkaufen.
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Bullyion: Welche Herausforderungen habt ihr in der Zucht in den letzten Jahren erlebt, wie habt ihr diese
überwunden und was war besonders prägend?
RNB: Dies ist eine sehr gute Frage, da wir gar nicht wissen, wo wir da genau anfangen sollen.
In diesen wenigen Jahren haben wir doch leider sehr viele Herausforderungen und Prüfungen
meistern müssen, die uns auch oft zu der Frage haben kommen lassen, ob wir unser Ziel
weiterverfolgen wollen und können oder lieber aufhören sollten.
Es gab unzählige fachliche, rechtliche, gesundheitliche und finanzielle Herausforderungen und
Belastungen in den Jahren. Ein Beispiel dafür ist die Abnahme und Zulassung vom Veterinäramt.
Es gibt so viele Punkte die zu berücksichtigen und zu erfüllen sind, was eigentlich auch machbar ist,
doch eigentlich auch wieder nicht, da man bei der Umsetzung dann oft feststellt, dass
Tierschutzgesetze nicht unbedingt mit anderen Gesetzen prozesskonform sind oder die Praxis einem
ganz andere Dinge gelehrt haben. Sei es allein schon bauliche Anforderungen die logisch und sinnvoll
wären, aber teilweise statisch oder baurechtlich nicht möglich sind. Dazu kamen auch finanzielle
Aspekte die nicht ausgeblendet werden können usw.
Eine weitere Herausforderung ist es oft einen Spagat zwischen dem Wohle und der Auslastung der
Hunde und all den Dingen die so nebenbei laufen und dem beruflichen Alltag und der eigenen
körperlichen Grenzen zu schaffen.
Unvorhersehbare und nicht planbare Herausforderungen und Aufgaben zu meistern, wie z.B. ein
Hund erkrankt und wie es bei Kindern auch oft ist, nicht Montag bis Freitag von 08:00 – 16:00 Uhr,
sondern immer dann, wenn der Tierarzt nicht erreichbar ist und man zum Bereitschaftsdienst muss
und darüber hinaus dann auch wieder zusätzliche finanzielle Herausforderungen – Beispiel: drei
Röntgenbilder, etwas Sedierung, Freitag abends nach 20:00 Uhr = 634,00 Euro und da tritt leider
auch keine OP-Versicherung ein, da es glücklicherweise zu keiner OP gekommen ist. Darüber hinaus
verzeichnen wir in dieser kurzen Zeit auch drei Verluste geliebter Hunde. Sei es die am Mastzelltumor
erkrankte Amy, die im März 2021 von uns gegangen ist, der Rüde den wir mit 2,5 Jahren adoptieren
durften und der im November 2022 kurz nach seinem 6. Geburtstag über die Regenbogenbrücke
ging, da er einen sehr aggressiven, inoperablen Kiefertumor (Plattenepithelkarzinom) hatte oder
auch einen Junghund den wir im Juni 2022 für die Zucht gekauft hatten, aber im November 2022
wieder abgeben mussten, da er leider schwerwiegende Mängel aufwies, die trotz einer durchdachten
Verpaarung und gesunder Elterntiere auf Grund von genetischen Ursachen die zu dem Zeitpunkt
keiner kannte schon in einem sehr jungen Alter von der Zucht auszuschließen war und nun ein Leben
als Haustier führen darf uvm.
Die größte Herausforderung war aber unser vorletzte Wurf, wo die Geburt leider nicht ohne
Komplikationen verliefen und ein Kaiserschnitt erforderte, wir nur wenige Stunden später einen
Welpen verloren haben und viele Stunden mit Angst und Sorge, ob die Hündin die OP übersteht und
sich schnell wieder erholt, verbringen mussten und all das nach mehreren schlaflosen Tagen. Nach einer langen Eröffnungsphase, einer schwierigen Geburt- erster Welpe Steißlage, zweite Welpe
Totgeburt, wo Sophie noch 15 min versucht hat den Welpen zu reanimieren / ins Leben zu holen,
Welpe 3 brauchte schon länger als üblich und dann folgte ein Geburtstopp und der direkte Weg
morgens in aller Herrgottsfrüh zum Tierarzt, wo erst mit Wehenfördernde Mittel versucht wurde die
Geburt voranzubringen und dann ein Kaiserschnitt erfolgte. Zuhause angekommen, haben wir uns
um die 4 lebenden Welpen von 5 gekümmert und versucht der Hündin bei allem unter die Pfoten zu
greifen und sie zu unterstützen und zu entlasten, damit sie sich erholen kann. Doch das war noch
lange nicht genug Stress, Leid und Ärger – in der folgenden Nacht hat Sophie trotz völliger
Übernächtigung und Erschöpfung die Nachtwache übernommen, da der Zustand der Hündin immer
noch bescheiden war und sie beruflich bedingt und fachlich viel schneller erkennen kann, wenn mit
den Hunden was nicht stimmt und sowieso nicht zum Schlaf kommt, wenn eines ihrer Babys krank
ist. Gegen 02:00 Uhr nachts saß Sophie neben der Hündin in der Wurf Box, versorgte die Welpen und
die Mama, als diese plötzlich versuchte aufzustehen und dabei einen Ausfallschritt machte und dabei
blitzartig auf einen zu dicht liegenden Welpen trat, der direkt seinen Verletzungen erlag und Sophie
ein weiteres Mal hilflos zusehen musste und trotz aller Bemühungen und Versuche noch einzugreifen
dieses Unheil nicht verhindern konnte. Völlig aufgelöst rief sie mich an, da ich ein Raum weiter mich
für ein paar Stunden aufs Ohr gelegt hatte und schilderte mir was passiert sei. Ich eilte direkt zu ihr,
versuchte sie zu beruhigen und konnte dank unserer Videoüberwachung den Vorfall mit ihr
nachvollziehen und auswerten und erkennen, dass sie völlig machtlos war und kein Mensch dies
hätte verhindern können – doch das beruhigt eine Frau nicht, die ein „Baby“ verloren hat und nicht
nur privat, sondern auch beruflich Tag ein, Tag aus dafür kämpft, dass es den Tieren gut geht. Ich
löste sie zwar ab, doch an Schlafen war auch dann nicht für sie zu denken, da sie unnötige
Schuldgefühle, Angst, Trauer und Verzweiflung plagten und sie jeglichen Mut verloren hatte und
wirklich Wochen brauchte um dies wirklich als Unfall anzuerkennen und zu verarbeiten. Auch als
Partner war dies nicht leicht und die Probleme rissen auch nicht ab. Kunden reservierten einen
Welpen und sagten ihn dann kurz vor Abholung ab, die Mutter war somit raus aus der Zucht und es
gab nur eine Hündin in diesem Wurf die wir dann behalten haben und die Vermittlung gestaltete sich
schwierig – alles in allem 12 Wochen Dunkelheit, die nur immer mal durch die drei Welpen, unseren
anderen Hunden und der Hündin die sich nach wenigen Tagen gut erholt hatte durchbrochen werden
konnte. Auch die gesamte Situation zur Corona Zeit, war nicht nur für uns, sondern auch allen anderen
Züchtern eine Katastrophe – die steigende Nachfrage nach Hunden, brachte gefühlt täglich neu
„Züchter“ hervor, die Preise für Welpen und alles andere stiegen immer weiter, die Vermarktung
wurde schwieriger und selbst die Abholungen waren teilweise nicht realisierbar auf Grund von
Lockdown, Einschränkungen und Ausgangsperren etc. Nicht nur die Einschränkungen die jeder
Mensch beruflich und privat hatte, stellten neue Herausforderungen da, sondern auch für Züchter
die Beschaffung von Futter, die Sicherstellung der veterinärmedizinischen Versorgung und vor allem
auch die Einhaltung der Tierschutzgesetze und die Fürsorge für seine Hunde, da auch hier immer mal
wieder Einschränkungen bestanden, sodass man seinen Tieren teilweise nicht wirklich gerecht
werden konnte und wir nur ein riesen Vorteil hatten, dass unser Grundstück so riesig ist und wir
genügend Reserven in der Gefriertruhe hatten.
Weiterführend könnten wir hier wahrscheinlich noch ganz viele andere Dinge berichten wie
Shitstorm im Internet, Anfeindungen durch Tierschützern, weil in der heutigen Zeit nicht mehr der
einzelne Züchter unter die Lupe genommen, sondern alle über einen Kamm geschert werden,
Unstimmigkeiten mit Mitwettbewerbern und vielen weiteren Dingen, die viele gute Züchter auch oft
und regelmäßig erleben oder erlebt haben und trotzdem die wichtigste und größte Herausforderung
dabei nie vergessen haben – qualitativ, hochwertig und bedacht zu arbeiten, zu züchten und ihren
eigenen Anforderungen weiterhin gerecht zu werden und allen anderen Herausforderungen bei der
Aufzucht, Vermittlung, Vor- und Nachsorge ihr Schützlinge sowie einer guten Aufklärungsarbeit und
Betreuung ihrer Kunden weiterhin täglich nachkommen in dieser schweren Zeit.
Wie wir all das überstanden bzw. überwunden haben, können wir so gar nicht direkt beantworten –
wahrscheinlich wie viele andere auch – das Ziel nicht aus den Augen verlieren, ein Blick in die Augen
seiner Fellnasen an dunklen Tagen reicht um wieder Kraft zu schöpfen und durch ganz viel Zuspruch
von der Familie, Freunden und treuen Followern und weil aufgeben noch nie eine Option für uns war.
Bullyion: Wie hat sich die American-Bully-Zucht in Deutschland entwickelt und welche Trends beobachtet ihr?
RNB: Dies ist eine sehr spannende Frage.
Da auch wir eigentlich noch sehr „frisch“ in der Szene sind, können wir natürlich nur für uns sprechen
und die letzten 4 bis 5 Jahre beurteilen. Erkennbar war aber der Trend wie oben schon genannt zur
Corona Zeit. Viele Leute begannen zu züchten, viele Interessenten kauften sich ein Hund und daraus
resultierten oft verschiedenste Problematiken – starke qualitative und gesundheitliche Unterschiede,
unzureichende Aufklärung der Interessenten, was die Rasse betrifft und zu geringe Selektion bei der
Vermittlung, ein regelrechter Wettkampf unter Gleichgesinnten und eine erhöhte Nachfrage nach
speziellen Farben und Blutlinien, weshalb es immer schwieriger wurde wettbewerbsfähig zu bleiben
und ein gesundes Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage aufrecht zu erhalten. Dadurch wurde
der Markt und auch die Preise instabil und sehr wechselhaft und es entstanden zusätzliche
Problematiken für Interessenten und Liebhaber, die auf der Suche nach einem gesunden und
schönen Bully waren und bei der Vielzahl der Züchter, Farben und extremen Preisunterschiede den
Überblick verloren. Weiterhin ergaben sich neue Herausforderungen was die gesamte Thematik der
Gesundheit betrifft. Es entwickelten sich „Trendfarben“ und immer mehr neue Wünsche. Viele
Aspekte der Genetik, der Rassestandards, der gesundheitlichen Voraussetzungen uvm. wurden
häufig ausgeblendet und werden zum Teil auch heute noch unterschätzt. Der Bully verändert sich
sehr dynamisch und es kommt immer häufiger zu Problematiken, die es so nicht gab oder die
willigend in Kauf genommen wurden. Wie bei anderen Rassen auch, wird auch in der Bully-Zucht zu
oft auf Rang und Name und Bekanntheit der Zuchttiere geachtet und Thematiken wie Genpoole und
Genetik unterschätzt. Dadurch wird es für Interessenten immer schwieriger das passende
Familienmitglied zu finden, da es für außenstehende teilweise nicht nachvollziehbar ist, warum es so
unterschiedliche Meinungen, Farben, Preise und auch so viele Züchter gibt und worin sich diese
unterscheiden, sei es fachlich, qualitativ oder auch preislich – der eigentliche Wunsch jedes Kunden
ist es doch aber einen seriösen, kompetenten Züchter zu finden, wo einfach das
Preisleistungsverhältnis stimmt und er ein schönes und bestenfalls gesundes Familienmitglied
bekommt und darüber hinaus auch bestenfalls noch langfristig betreut wird. Stattdessen bekommen
die Kunden oft Begrifflichkeiten um die Ohren geworfen oder im Medienbereich vor die Nase
gesetzt, die sie noch mehr verwirren – Epigenetik, Genotyp, Phänotyp, Domestikation, A-Lokus,
Träger, Zeiger und was es alles so schönes gibt – Begrifflichkeiten wo selbst erfahrene und gute
Züchter teilweise schon mal was von gehört haben, aber genaue Definitionen nachlesen müssen und
es vor Jahren noch Fachgespräche zwischen Tierärzten oder Züchtern waren und nun schon Züchter
– Kundengespräche werden und oft die Aufklärung ausbleibt – Es kommt zu Kundenanfragen wo
Begrifflichkeiten hinterfragt werden, die dem Kunden nicht umfassend bekannt sind und die Antwort
auf diese Frage entscheidend ist, ob er als guter Züchter oder schlechter Züchter gesehen wird –
nicht weil der Züchter diese Dinge nicht kennt oder berücksichtigt, aber nur nicht so erklärt wie der
Kunde es irgendwo im Social Media Bereich aufgegriffen hat – dabei mag der Züchter das sogar
wissen und berücksichtigen und auch richtig erklären – nur der Kunde hat eine falsche Auskunft im
Kopf und ist selbst völlig überfordert. Als Züchter reicht es selbst nicht mehr aus sich mit all diesen
Dingen zu befassen und all das zu wissen – viel mehr muss er es weitervermitteln und sich darüber
hinaus auch noch mit Tierschutzgesetzen, Richtlinien, EU-Normen, Seuchenschutz und gewerblichem
Transport von Tieren befassen und auch seine Kunden in einigen Bereichen unterrichten und
belehren. Medien werden Fluch und Segen zu gleich für Züchter – Informationen, Aufklärungen oder
auch einfach nur Videos und Bilder werden genauestens analysiert, kommentiert und teilweise auch
gegen einen verwendet – aber es wird auch kopiert oder Dinge aus einem Kontext gerissen und über
andere Kanäle falsch verbreitet und völlig falsch interpretiert. Der Tierschutz wird immer aktiver,
bekommt immer mehr Gehör und verunsichert den potenziellen Kunden noch weiter – er ist auch
wichtiger denn je, gar keine Frage – nur läuft auch hier vieles schief und es wird zu schnell
verallgemeinert und gar nicht jeder einzelne Züchter geprüft – laut Tierschutz ist jeder Züchter ein
Vermehrer und somit Schuld an Missständen, die es in ihren Bereichen gibt, dass es hier aber oft
schon in anderen Bereichen viel größere Problematiken gibt und seriöse Züchter ihre Kunden ein
Leben lang betreuen und unterstützen und es nie zulassen würden, dass ihre Nachzuchten oder
eigenen Hunde im Tierheim landen, wird völlig ausgeblendet – Züchter ist Züchter und somit
Vermehrer.
Alles in allem kann man zusammenfassend sagen, dass die Zucht immer komplexer und komplizierter
wird und es immer mehr Herausforderungen und Anforderungen gibt und es auch für Züchter
zunehmend schwieriger wird ihre eigentlichen Ziele zu verfolgen, da man neben der Haltung und
Zucht einfach immer mehr zu berücksichtigen hat und es daher auch nicht verwunderlich ist, dass
gute Züchter aufhören oder es langfristig auch da immer mal zu Komplikationen, Problemen und
Qualitätsverlusten kommt – denn es sind alles nur Menschen und in der heutigen Zeit, kann man es
leider nicht jedem Recht machen und auch nicht alles wissen. Und selbst wir, die privat und beruflich,
sowie durch die Zucht und Weiterbildungen ein sehr gutes Fachwissen haben sind längst nicht
allwissend und fehlerfrei.
Bullyion: Was hat euch dazu animiert Seminare zu besuchen und welche genau habt ihr absolviert?
RNB: Auch wenn wir fälschlicher Weise zum Beginn dachten, dass wir schon durch unsere Lebens-, Hunde-
und beruflichen Erfahrungen ein solides Wissen besitzen und bestmögliche Voraussetzungen haben,
mussten auch wir uns eines Besseren belehren lassen und feststellen, dass man nie alles weiß, es
immer wieder neue Erkenntnisse, Studien und Weiterbildungen gibt und sich auch fachlich vieles mit
der Zeit ändert oder es neue Bestimmungen, Gesetze und Verordnungen gibt, weshalb es
erforderlich ist auch das eine oder andere Seminar zu besuchen.
Es ist zwar definitiv nicht erforderlich eine tiermedizinische Ausbildung zu besitzen, jedoch ist meine
Ausbildung und berufliche Laufbahn in vielen Bereichen sehr hilfreich und ein großes Ass im Ärmel,
wovon wir, unsere Hunde, aber auch unsere Kunden häufig profitieren. Darüber hinaus habe ich über
meine Arbeit eine Weiterbildung im Bereich Neonatologie machen dürfen und auch andere Seminare
besucht, die für meinen beruflichen Alltag relevant sind, aber auch in der Zucht und Haltung vieles
erleichtern. Darüber hinaus hat Hendrik, auch wenn es für uns in unserem Bundesland nicht
erforderlich war und es auch die Zucht auf Grund der Anzahl unserer Hunde nicht unbedingt
erfordert hätte, einen Sachkundenachweis mit Zusatzqualifikation im Bereich Transport und
Seuchenschutz erfolgreich absolviert, um zum einen für sich selbst und für die Zucht das Wissen
aufzufrischen und zu erweitern und um auch hier Kunden die vielleicht auf Grund gewisser
Bestimmungen ihrer Bundesländer einen Sachkundenachweis benötigen, besser beraten zu können.
Und auch wenn er schon seit Tag 1 und somit seit über 33 Jahren schon mit Hunden aufgewachsen
ist, Themen wie Zucht, Haltung uvm. nicht völlig neu waren – war diese Schulung eine wahre
Bereicherung für ihn und mich, da man trotzdem immer noch dazulernen kann oder auch Fehler
erkennt, die sich mit der Zeit eingeschlichen haben. Daher werden wir auch in Zukunft ein reges
Interesse daran haben uns weiterzubilden und auch immer mal wieder neue Seminare und
Schulungen besuchen.
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Bullyion: Könnt ihr uns einen Einblick geben, wie sich die neuen Tierschutzgesetze auf die Zucht und Haltung
ausgewirkt haben und welche Veränderungen ihr möglicherweise beobachtet habt?
RNB: Diese Frage kann man leider nicht unbedingt nur an den neuen Tierschutzgesetzen festmachen, da es
darüber hinaus auch weitere Gesetze und auch EU-Vorschriften gibt, die teilweise ineinander
verschmelzen, aber auch teilweise etwas widersprüchlich erscheinen und es alleine schon bei der
Betrachtung eines Hundes vor dem Gesetz interessant wird – auf der einen Seite zählen Hunde vor
dem Gesetz als Sache / Gegenstand, auf der anderen Seite gibt es Gesetze die Tiere schützen. Es gibt
Gesetze auf Bundesebene, wie das Tierschutzgesetz, aber auch Gesetze und Verordnungen auf
Landesebene wie die Hundehalterverordnung und darüber hinaus auch noch auf kommunaler Ebene,
wie zum Beispiel die Hundesteuersatzungen der entsprechenden Gemeinde in der man wohnt, die
als Luxussteuer erhoben wird, darüber hinaus aber auch durch Landesverordnungen und andere
Gesetze und Bestimmungen geregelt wird.
Alleine diese Darstellung zeigt auf, wie komplex und irritierend diese Thematiken schlussendlich sind.
Zusammenfassend kann man aber sagen, dass viele Bestandteile extrem wichtig geworden sind in
der heutigen Zeit, um das Wohle der Tiere zu gewährleisten. Auf der anderen Seite sind aber auch
einzelne Bestanteile leider etwas theoretisch und leider auch praxisfern und erschweren die Haltung
und Zucht und selbst ausführende Gewalten und Behörden haben teilweise große Probleme hier
noch den Überblick zu behalten.
Zum Abschluss dieses faszinierenden Gesprächs möchten wir Sophie und Hendrik von Royal Nautic Bully’s unseren aufrichtigen Dank aussprechen. Die Einblicke in Ihre American Bullys XL Zucht waren nicht nur informativ, sondern auch inspirierend. Die Leidenschaft und Hingabe, die sie in ihre Zucht investieren, spiegeln sich deutlich in ihrer täglichen Arbeit wider.
Es war besonders beeindruckend zu hören, wie sie aufgrund ihrer persönlichen und beruflichen Erfahrungen einen klaren Fokus auf die Gesundheit, Sozialisierung, artgerechte Haltung und eine ausgewogene Ernährung ihrer Hunde legen. Die Erkenntnisse, die Hendrik durch Jahre der Beobachtung über die Veränderungen in Hunderassen gewonnen hat, verleihen ihrer Zucht eine tiefgreifende Perspektive. Die Betonung von Aufklärung als einem zentralen Prinzip in ihrer Zuchtphilosophie verdeutlicht, dass für Sophie und Hendrik die Verantwortung gegenüber ihren Hunden nicht mit dem Verkauf der Welpen endet. Ihre offene Bereitschaft, von anderen Züchtern zu lernen, mit Experten zu kooperieren und kontinuierlich nach Verbesserungen zu streben, hebt ihre Zucht in eine Liga, die über das bloße Züchten von Hunden hinausgeht.
Wir bedanken uns herzlich für dieses erkenntnisreiche Gespräch.

