
Der Bundestag debattiert derzeit über eine tiefgreifende Reform im Umgang mit Qualzuchten – und mit am Tisch stehen weitreichende Einschränkungen: Tiere mit typischen Qualzuchtmerkmalen sollen künftig weder auf Ausstellungen präsentiert noch online öffentlich gehandelt werden dürfen. Strengere Rückverfolgbarkeitsvorgaben für Züchter und Plattformanbieter sind ebenfalls vorgesehen.
Die veterinärrechtliche Grundlage ist in § 11b des Tierschutzgesetzes („Qualzuchtparagraph“) verankert. Wird ein Tier mit erheblicher Beeinträchtigung der Vitalfunktionen vermutet, kann das Amt eine tierärztliche Untersuchung anordnen – gegebenenfalls mit weiteren Maßnahmen. Die konkreten Zuchtstandards für Hunderassen legt üblicherweise der Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH) fest. Ergänzend dienen Empfehlungen wie jene der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz (TVT) als fachliche Orientierung. Bislang waren viele dieser Empfehlungen rein richtungsweisend – mit der anstehenden Novelle soll zumindest ein verbindliches Ausstellungsverbot gesetzlich kodifiziert werden.
Welche gesundheitlichen Folgen verursachen Qualzuchten?
Qualzuchten bedeuten oft gezielte Zucht auf äußerliche Merkmale, die zwar ästhetisch ansprechend wirken, aber bei Tieren ernsthafte Beschwerden hervorrufen. Häufigste Problemfelder sind:
Atmungsprobleme – durch extrem verkürzte Schnauzen und Gaumensegel, die schon bei geringen Schwellungen lebensbedrohlich werden können
Skelett- und Gelenkprobleme – insbesondere bei sogenannten Mini- oder Zwergvarianten
Hautentzündungen – verursacht durch übermäßige Faltenbildung
Augen- und Nervenprobleme – durch verkürzte Schädel oder Überdehnung
Diese Belastungen schränken nicht nur das Wohlbefinden der Tiere ein, sondern führen oft zu chronischem Leid.
Mit der geplanten Novelle sollen die bestehenden gesetzlichen Lücken geschlossen werden: ein Ausstellungsverbot, strengere Anforderungen an Online-Angebote und eine Verpflichtung zur vollständigen Rückverfolgbarkeit von Anbietern. Während Tierschutzverbände und Tierärzte dies begrüßen, warnen Zuchtverbände vor pauschalen Verboten, die bestimmte Rassen indirekt diskriminieren könnten.
Für Halterinnen und Halter im Kreis Hersfeld-Rotenburg würden sich durch die Reform zunächst kaum Änderungen ergeben: Einzeltiere bleiben in ärztlicher Prüfung. Adaptierungen trifft sie vor allem, wenn sie an Ausstellungen teilnehmen oder Tiere über Onlineplattformen anbieten wollen – hier wird künftig eine größere Transparenz und strengere Kontrolle gefordert.
Qualzucht im Tierheim: viele Tiere landen dort
Was für viele Menschen niedlich erscheint – kurze Schnauze, große Augen – ist für betroffene Tiere häufig ein Leben voller Einschränkungen. Im Tierheim Bad Hersfeld beobachtet man regelmäßig Möpse, Bulldoggen oder Katzen mit gesundheitlichen Problemen, die oft aus Modetrends heraus angeschafft wurden und dann abgegeben werden.
Trotz aller Warnungen ist die Nachfrage ungebrochen hoch. Interessenten fragen regelmäßig, ob das Tierheim Möpse oder Bulldoggen abzugeben habe – die gesundheitlichen Risiken scheinen viele nicht abschrecken zu können.